Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen: Pflichten und Fristen
Unternehmen und Selbstständige sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet, Aufbewahrungsfristen von sechs, acht oder zehn Jahren für Geschäftsunterlagen einzuhalten. Hier erfahren Sie, wer genau von den Aufbewahrungspflichten betroffen ist und welche Fristen für die unterschiedlichen Arten von Geschäftsunterlagen gelten.

Für wen gelten die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten?
In Deutschland ergeben sich die Aufbewahrungspflichten für Geschäftsunterlagen maßgeblich aus dem Steuerrecht und dem Handelsrecht. Genauer gesagt: Aus der Abgabenordnung (AO) und dem Handelsgesetzbuch (HGB).
Jeder, der Bücher oder Aufzeichnungen führen muss
Die Aufbewahrungspflichten aus der Abgabenordnung (AO) gelten für alle Unternehmen und Selbstständigen. Genauer gesagt: Für jeden, der Bücher oder Aufzeichnungen führen muss oder diese freiwillig führt.
Gewerbetreibende und Freiberufler
Unabhängig von der Rechtsform
Einzelunternehmer
Personengesellschaften
GbR, Partnerschaftsgesellschaft, OHG, KG
Juristische Personen des Privatrechts
z.B. GmbH/UG, AG, Verein, Stiftung, eG
Juristische Personen des öffentlichen Rechts
soweit steuerlich relevant tätig; insbesondere Betriebe gewerblicher Art
Anmerkungen:
Auch Unternehmer, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (EÜR) ermitteln, müssen die Einnahmen-Überschuss-Rechnung sowie die dazugehörigen Aufzeichnungen und Belege aufbewahren.
Die Aufbewahrungspflichten aus der Abgabenordnung (AO) gelten unabhängig vom Kleinunternehmerstatus (§ 19 UStG).
Kaufleute
Für Kaufleute ergeben sich die Aufbewahrungspflichten sowohl aus Abgabenordnung (AO) als auch aus dem Handelsgesetzbuch (HGB). Zu Kaufleuten zählen:
Istkaufleute
wer ein Handelsgewerbe betreibt
Formkaufleute
z.B. Kapitalgesellschaften (GmbH/UG, AG/KGaA) sowie eingetragene Genossenschaften (eG)
Handelsgesellschaften
OHG, KG
Kannkaufleute
eingetragene Kleingewerbetreibende sowie eingetragene Land- und Forstwirte
Anmerkungen:
Einzelkaufleute unter den Schwellen des § 241a HGB sind von der handelsrechtlichen Buchführung/Inventur befreit; Aufbewahrungspflichten reduzieren sich auf tatsächlich vorhandene Unterlagen (z. B. Handels- und Geschäftsbriefe). Die Pflichten aus der AO gelten weiterhin.
Eine GbR wird bei Betrieb eines Handelsgewerbes zur OHG und unterliegt dann den HGB-Pflichten.
Aufbewahrungspflichten sind keine Frage der Unternehmensgröße


Aufbewahrungspflichten- und fristen gelten für große Unternehmen genauso wie für Einzelunternehmer. Alle Steuerpflichtigen mit Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflichten müssen steuerlich relevante Unterlagen über sechs bis zehn Jahre aufbewahren.
Welche Aufbewahrungsfristen gelten für Geschäftsunterlagen?
Die folgenden Aufbewahrungsfristen gelten nach § 147 AO für alle steuerlich relevanten Geschäftsunterlagen.
Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte und die Eröffnungsbilanz ...
... sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, die die Abläufe, Systeme und Kontrollen der Buchführung nachvollziehbar machen
10 Jahre
Empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe
Geschäfts- und Handelsbriefe sind jegliche Korrespondenz, die ein Geschäft vorbereitet, durchführt oder rückgängig macht.
Angebotsanforderungen
Angebote
Bestellungen
Auftragsbestätigungen
Lieferavise/Versandanzeigen
Reklamationen
Mahnungen/Zahlungserinnerungen
Korrespondenz zu Verträgen (Änderungen/Nachträge)
...
6 Jahre
Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe
Siehe "Empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe"
6 Jahre
Buchungsbelege
Eingangsrechnungen
Ausgangsrechnungen
Quittungen/Barbelege
Kassenbelege
Kontoauszüge und Bankbelege
Zahlungsbelege (Überweisungs-, Lastschrift- und Kreditkartenbelege)
Gutschriften und Korrekturrechnungen
Reisekosten- und Bewirtungsbelege
Lieferscheine (sofern Buchungsgrundlage)
Verträge, die Buchungen begründen oder belegen
...
8 Jahre (verkürzte Frist ab 2025)
Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union
Ausfuhranmeldung
Einfuhranmeldung
Handels- oder Proformarechnung
Packliste
Frachtbrief
Präferenznachweis
...
10 Jahre
Sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind
6 Jahre
Verkürzte Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege ab 2025
Bis zum 31. Dezember 2024 galt nach Steuer- und Handelsrecht eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Buchungsbelege wie Rechnungen. Diese Frist wurden mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) mit Wirkung zum 01. Januar 2025 auf acht Jahre verkürzt.
Weitere Aufbewahrungspflichten für Kaufleute
Für Kaufleute gelten die Aufbewahrungspflichten aus der Abgabenordnung (AO) und dem Handelsgesetzbuch (HGB) nebeneinander. Inhalte und Aufbewahrungsfristen sind dabei weitgehend deckungsgleich. Wer die Vorgaben des § 147 AO einhält, erfüllt in der Praxis meist auch die Pflichten aus § 257 HGB. Es gibt aber einzelne rein handelsrechtliche Unterlagen (z.B. Konzernabschlüsse), die nach HGB aufzubewahren sind, obwohl sie steuerlich nicht zwingend relevant sind.
Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen
10 Jahre
Empfangene Handelsbriefe und Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe
6 Jahre
Belege für Buchungen in den zu führenden Büchern (Buchungsbelege)
8 Jahre
Wie werden die Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen berechnet?
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres (31.12.), in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handels- oder Geschäftsbriefe empfangen oder abgesandt wurden. Die Aufbewahrungsfrist endet nach sechs, acht oder zehn vollen Jahren am 31. Dezember.

Gelten die Aufbewahrungsfristen auch für digitale Geschäftsunterlagen?
Ja. Die in der Abgabenordnung (AO) und dem Handelsgesetzbuch (HGB) festgelegten Aufbewahrungsfristen gelten unabhängig davon, ob Unterlagen in Papierform oder digital vorliegen. Entscheidend ist der Inhalt, nicht das Medium. Beispiele sind:
Dateien
Oft werden aufbewahrungspflichtige Geschäftsunterlagen als Dateien (z.B. PDF- oder Office-Dateien) gespeichert.
E-Mails
Viele Geschäftsunterlagen werden im Unternehmensalltag als E-Mails versendet, empfangen und gespeichert.
Applikationsdaten
Daten aus Anwendungen und Systemen wie HR, FiBu, Kasse oder Shop können aufbewahrungspflichtige Unterlagen darstellen.

Bei digitalen Geschäftsunterlagen müssen die GoBD eingehalten werden
Die GoBD gibt vor, welche grundlegenden Regeln bei der Führung und Archivierung von Geschäftsunterlagen in digitaler Form beachtet werden müssen, damit diese von den Finanzbehörden bei einer Prüfung anerkannt werden.
Rechtlicher Hinweis
Die Inhalte dienen der allgemeinen Information und stellen keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Gesetzeslagen und Verwaltungsauffassungen können sich ändern. Trotz sorgfältiger Erstellung übernehmen wir keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität und keine Haftung für Schäden, die aus der Nutzung entstehen. Bitte wenden Sie sich für Ihren konkreten Fall an Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt.
